Im Dezember 1993 war die Sensation perfekt: Mit 13 : 8 Stimmen beugte sich der Stadtrat den Argumenten der 82 Mann starken Knabenkapelle, die im bisherigen Übungsort „Grünhofschulhaus“ unmögliche Zustände beklagte. Auerbachs Feuerwehr musste ihr 230 qm großes, leerstehendes Dachgeschoss im Gerätehaus an die Knabenkapelle abtreten. Im Bauantrag waren ein etwa 110 qm großer Proberaum, ein kleinerer Proberaum mit rund 20 qm, ein Aufenthaltsraum mit etwa 18 qm Größe und der Einbau eines WCs vorgesehen. Von der Bergstraße aus sollte ein separater Eingang geschaffen werden.
Im Fasching konnte man lesen: Bereits im Februar 1994 fand im Beisein zahlreicher Ehrengäste aus dem öffentlichen Leben die erste Probe der Auerbacher Knabenkapelle im Dachgeschoss des neuen Feuerwehrgerätehauses statt. Bürgermeister Hanni Haberberger bezeichnete den Ohrenschmaus in ungewohnter Umgebung als einen Meilenstein in der Musikgeschichte der Stadt. Vorsitzender Josef Merkl pries die Vorzüge des Raumes in den höchsten Tönen, angefangen von der „hervorragenden Akustik“ bis hin zur „herrlichen Aussicht“.
In den ersten vier Monaten des Jahres 1994 hatte die Knabenkapelle keine außergewöhnlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Auf dem Programm standen folgende Einsätze:
28.1.: Kurkonzert in Erding
13.2.: Faschingszug in Köln-Brück
14.2.: Rosenmontagszug in Köln
05.3.: Fahrt nach Herzogenaurach ins Wellenbad
12.+18.3.: Ständchen in Krottensee und Auerbach
10.4.: Kommunionfeierlichkeiten in Auerbach
30.4.: Frühjahrskonzert in Auerbach
07.5.: Frühjahrskonzert in Grafenwöhr
12.5.: Einweihung des Pfarrzentrums in Adelsdorf
Pfarrer Hans Eisend, ein gebürtiger Auerbacher, dirigierte beim Pfarrfest in Adelsdorf die Knabenkapelle
Die Konzertreise nach Auschwitz in Polen vom 20. bis 25. Mai 1994 ging als weiterer Meilenstein in die Geschichte der Auerbacher Knabenkapelle ein. Als Nebeneffekt leisteten die jungen Musiker und ihre Begleiter „Basisarbeit“ im Sinne der Völkerverständigung. Nach der Unterbringung in einem eigens für die Kapelle reservierten ehemaligen Karmeliterkloster mit optimalen Unterkünften besichtigte man die Maximilian-Kolbe-Kirche, die mit finanzieller Hilfe des verstorbenen Auerbacher Pfarrers Johann Ritter gebaut worden war. Nun stand das erste Konzert im Kulturhaus auf dem Programm, in einem Saal, dessen Bühne so groß war wie der Kolpingsaal in Auerbach. Die jungen Musiker ernteten für ihre Darbietungen vom Publikum reichlich Beifall und „standing ovations“. Abends, nach dem Konzert, wurden bei einer Grillparty am Lagerfeuer Kontakte mit polnischen Jugendlichen geknüpft.
Wo immer es möglich war, gaben die „musikalischen Botschafter der Stadt Auerbach“ ein Standkonzert, das sofort sein Publikum fand.
Am Sonntag gestalteten unsere Musiker den Gottesdienst in der Maximilian-Kolbe-Kirche und bestritten ein Konzert im Kulturhaus in Tichy. Dirigent Ludwig Riedhammer erhielt dabei von der charmanten Moderatorin den klangvollen Namen „Ludwiga Riedhammera“. Die Erschütterung war den Jugendlichen beim Besuch der Konzentrationslager Auschwitz und Birkenau ins Gesicht geschrieben. Absoluter Höhepunkt für die Musiker war ihr Auftritt als „Fernsehstars“ bei einer Aufzeichnung im Studio Krakau unter dem Motto: „Deutsche Jugendliche spielen für polnische Kinder“. Diese Aufnahmen wurden wenige Tage später in Polen gesendet.
Fernsehaufnahmen im Studio Krakau
Bei der Rückkehr in Auerbach sprach Josef Merkl von einer sehr erfolgreichen Reise für die Knabenkapelle, die nicht nur vom Konzertanten her gelungen war, sondern auch ein Erlebnis im zwischenmenschlichen Bereich wurde.
Nach der erlebnisreichen Polenreise standen in den folgenden Wochen kleinere, aber ebenso wichtige Einsätze auf dem Terminkalender der Knabenkapelle Auerbach. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Aussagen der Journalisten zu den gezeigten Leistungen der jungen Musiker.
2./3. Juni Kirchenthumbacher Musikfest
„Heute zog die Knabenkapelle Auerbach alle Register ihres Könnens und begeisterte mit einem breitgefächerten Repertoire die Zuhörer.“
5. Juni Nordgaufestzug in Sulzbach-Rosenberg
„Die Stadt Auerbach war mit dem Bergknappenverein, dem Heimat- und Trachtenverein und der Knabenkapelle vertreten, die mit ihrer schmissigen Marschmusik brillierte.“
17. Juni Konzert im Gettysburg-Club
„Die Knabenkapelle bot im Gettysburg-Club im Lager Grafenwöhr ein überragendes Konzert. Der Enthusiasmus der Zuhörer trieb die jungen Musiker zu einer temperamentvollen Spitzenleistung an.“
19. Juni Neumühlfest in Auerbach
„Einmal mehr erwies sich die Knabenkapelle am Sonntagnachmittag beim Neumühlfest als Publikumsmagnet. Janusz Marsalek, der Initiator des polischen Kinderdorfes „Maja“, war begeistert von der Qualität dieser Kapelle. “Zu dieser Kapelle kann man nur gratulieren“, lobte er die jungen Musiker.“
8. Juli Staatssekretärin Marianne Hohlmeier
„Begeistert zeigte sich Marianne Hohlmeier von den Darbietungen der Auerbacher Knabenkapelle. Gerade auch Musikkapellen spielen in der Jugendarbeit eine große Rolle.“
Die Musiker in ihrem Element
Jugendchöre, -gruppen und -orchester aus aller Welt gaben sich vom 18. bis 22. Juli 1994 ein Stelldichein beim „Internationalen Jugend-Musik-Festival“ in Amberg. Im Rahmen dieser Veranstaltung war die Knabenkapelle Gastgeber für einen Jugendchor aus Oita in Südjapan. Die Gäste wurden auf dem Auerbacher Marktplatz musikalisch begrüßt und vom 1. Bürgermeister Hanni Haberberger im Sitzungssaal des Rathauses empfangen. Auf ihrem Programm standen Besichtigungsfahrten nach Nürnberg und Bamberg und vor allem Konzerte in Amberg. Am Mittwochvormittag stellte sich der „Oita Junior Chor“ unter Leitung von Hisako Koch, Professorin an der dortigen Universität, im Auerbacher Kolpingsaal vor. Die interessierte Bevölkerung und vor allem die Schulen waren dazu herzlich eingeladen. Der hervorragende Chor hatte im Repertoire zahlreiche deutsche Lieder, z. B. die Deutschland-Hymne, „Donauwellen“, „Morgenröte“ und „Mein Vater war ein Wandersmann“. Klaviersoli und japanisches Liedgut wurden danach vorgetragen. Einen Hauch von Exotik brachten die 30 Jungen und Mädchen schließlich im letzten Teil des niveauvollen Konzertes mit dem traditionellen Kimono auf die Bühne. Die Kinder der Grund- und Hauptschule Auerbach sowie die erwachsenen Zuhörer waren hellauf begeistert.
Die Gäste aus dem „Land des Lächelns“ präsentierten sich in den traditionellen Kimonos. Vorsitzender Josef Merkl „lächelte“ mit.
Trotz der intensiven Ausbauarbeiten im künftigen Domizil, dem Dachraum des Feuerwehrgerätehauses, nahm sich die Vorstandschaft der Knabenkapelle die Zeit, mit den Musikern eine Achttagefahrt zu unternehmen. Mit 50 Personen fuhr man am 19. August 1994 nach Olpenitz, um die Patenschaft mit dem MS-Boot „Auerbach/OPF“ erneut mit Leben zu erfüllen .Beim abendlichen Grillfest wurden der Besatzung die Mitbringsel überreicht: Ein kleiner Getränkewagen, gefertigt aus antimagnetischem Stahl und beschriftet mit „Knabenkapelle Auerbach 1994“. Natürlich durften die entsprechenden Getränke nicht fehlen. Dazu gab es noch viele kleinere Gastgeschenke wie auch den Igel „Mecki“, der in Knabenkapellentracht gekleidet war, geschneidert von Wolfgang Schiener. Schnell avancierte der Igel zum neuen Maskottchen. Kapitän Paetau würdigte die gute Verbindung mit der Patenstadt Auerbach.
Das Programm beinhaltete u. a. den Besuch des Freizeit- und Erholungszentrums „Damp 2000“ und des Marine-Ehrenmals in Laboe, die Besichtigung der „Gorch-Fock“ und eine Manöverfahrt nach Kiel. Beim Auslaufen mit dem Patenboot gehörten „Schiff-Ahoi“ und der „Tiger-Rag“ zur Erkennungsmelodie der Auerbacher.
Die Auerbacher Gäste und ihre Gastgeber auf dem Patenboot „Auerbach/OPF“
Am 24. August 1994 reiste die Knabenkapelle weiter nach Berlin. Dort war man Gast bei der „Johannischen Kirche“. Einige ihrer Mitglieder hatten die Musiker ein Jahr zuvor in Eichenbirkig kennengelernt und mit ihnen Freundschaft geschlossen. Erhard Marek hatte in der neuen Bundeshauptstadt alles bestens organisiert und komplettierte das Acht-Tage-Programm der Reise. Gut erholt und reich an neuen Eindrücken kehrte man am Samstagnachmittag nach Auerbach zurück.
Die Knabenkapelle Auerbach lieferte einmal mehr den Beweis für einen guten Ausbildungsstand der jungen Musikerinnen und Musiker mit der sehr erfolgreichen Teilnahme an einem Blasmusikwettbewerb am 23. Oktober 1994, der einem Wertungsspiel der Musikbünde gleichzusetzen ist. Sie erreichte nämlich beim 8. Mittelbayerischen Blasmusikwettstreit einen 2. Platz. Mit der entsprechenden Urkunde war dem Schreiben des Veranstalters auch ein Scheck über 750 DM beigelegt, nachdem die Vorstandschaft an der Teilnahme zur Preisverleihung in Neunburg vorm Wald verhindert war.
Im Schreiben an den 1. Vorsitzenden Josef Merkl hieß es: „Für Ihren beispielgebenden Einsatz um die Musik in unserer Region wünschen wir Ihnen weiterhin viel Erfolg, allzeit große Freude am Musizieren und stets auch die Gunst des Publikums.“
Eine ganze Reihe von Mitgliedern der Knabenkapelle Auerbach wurde im Rahmen des Weihnachtskonzertes 1994 geehrt.